Skip to content

RATGEBER

Leben mit Morbus Crohn: Kompaktratgeber 2021

Lesezeit ca. 9 Minuten  |  Zuletzt aktualisiert am 17.10.2021

MorbusCrohn-Studie_Portrait_Prof_Dr_med_Stefan_Schreiber_web-V2

Von Prof. Dr. med. Stefan Schreiber

Direktor Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel

Morbus Crohn kurz zusammengefasst

Morbus Crohn ist eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Die Ursache ist noch nicht genau geklärt, und eine Heilung gibt es bisher nicht. Das bedeutet, Schübe können lebenslang jederzeit wieder auftreten. Falls Sie betroffen sind, kann die Krankheit nicht nur wegen der unmittelbaren Beschwerden wie häufiger Durchfall oder Schmerzen eine Belastung für Sie sein, sondern sich auch etwa auf Beruf oder Partnerschaft auswirken.

Um die Symptome zu mildern, gibt es einige Behandlungsmöglichkeiten. Gelingt es, eine optimale medikamentöse Therapie zu finden, ist ein weitgehend beschwerdefreies und normales Leben mit einer hohen Lebensqualität möglich.

Die Forschung entwickelt fortlaufend neue und bessere Möglichkeiten für Morbus-Crohn-Patienten. Neue Wirkstoffe sollen insbesondere Menschen mit mittelschwerem bis schwerem Morbus Crohn helfen, die noch keine optimale Therapie gefunden haben.

Was Morbus Crohn genau ist, welche Faktoren das Risiko dafür erhöhen – und wie Patienten mit der Erkrankung umgehen können, erfahren Sie hier in unserem Ratgeber.

MorbusCrohn-Studie_Frau_blickt_in_Kamera_Foto_web-V1

ÜBERBLICK & SYMPTOME

Steckbrief Morbus Crohn

MorbusCrohn-Studie_Ziffer_1_Icon_Ratgeber_web-V1

Sie verläuft in Schüben, kann den ganzen Verdauungstrakt betreffen und ist leider bisher nicht heilbar: Morbus Crohn ist neben Colitis ulcerosa die häufigste chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED). Schätzungen zufolge leiden in Europa mehr als 300 von 100.000 Menschen an einem Morbus Crohn.1

Obwohl Morbus Crohn fortlaufend erforscht wird, ist die Ursache dieser Krankheit noch nicht vollkommen geklärt. Inzwischen gibt es jedoch zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten, die darauf abzielen, akute Symptome zu lindern, das Voranschreiten der Erkrankung zu bremsen und Schübe zu verhindern. So soll die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert werden.

Die Wichtigsten Fakten zu Morbus Crohn:

Bei Morbus Crohn überreagiert das Immunsystem: Die körpereigene Abwehr bekämpft Darmbakterien oder Stoffe, die wir normalerweise tolerieren. Die Folge ist eine andauernde Entzündungsreaktion, die mit der Zeit die Darmschleimhaut schädigen kann.

Bei Morbus Crohn kann sich der gesamte Verdauungstrakt von der Mundhöhle bis zum After entzünden. Besonders häufig sind aber der letzte Dünndarmabschnitt, das sogenannte terminale Ileum, sowie der anschließende Übergangsbereich zum Dickdarm befallen.

Die Entzündung zieht sich typischerweise durch alle Schichten der Darmwand.

Die Krankheit verläuft meistens in Schüben. Das heißt, Phasen mit akuten Symptomen wechseln sich mit beschwerdefreien Phasen ab.


Je nach Ausprägung der Erkrankung spricht man von einer milden/leichten, mittelschweren oder schweren Verlaufsform des Morbus Crohn.


Bei den meisten Menschen treten Symptome erstmals im Alter von 15 bis 30 Jahren auf. Grundsätzlich können aber auch Menschen im höheren Alter erkranken.

MorbusCrohn-Studie_wichtigste_Fakten_Grafik_vorher_web-V1

Symptome und Begleiterkrankungen von Morbus Crohn:

Die Beschwerden bei Morbus Crohn können vielfältig sein. Zudem kann der Beginn der Erkrankung schleichend sein, wobei die Symptome häufig wechseln.

chronische Durchfälle (länger als vier Wochen) und krampfartige Bauchschmerzen (meist ein bis zwei Stunden nach dem Essen)

MorbusCrohn-Studie_Waage_Icon_web-V1

Gewichtsverlust

MorbusCrohn-Studie_Thermometer_Icon_web-V1

allgemeine Beschwerden wie ein unspezifisches Krankheitsgefühl oder Fieber

MorbusCrohn-Studie_Knochen_Icon_web-V1

gelegentliche Gelenkschmerzen mit oder ohne Schwellung (bei bis zu 50% der Betroffenen)

MorbusCrohn-Studie_Auge_Icon_web-V1

Augenentzündungen (z.B. der Bindehaut) und Hautveränderungen (z.B. Aphten oder Knotenrose/Erythema nodosum)

Wichtig: Eine frühzeitige Diagnose und ein zeitnaher Therapiebeginn können den Verlauf von Morbus Crohn mildern und so die Lebensqualität verbessern. Ebenso ist es wichtig, der Behandlung „treu“ zu bleiben, das heißt, die Medikamente gewissenhaft und entsprechend der ärztlichen Verordnung einzunehmen. Verschiedene Optionen stehen dafür heutzutage zur Verfügung. Die verschiedenen Wirkstoffe verringern die Zahl der Schübe und/oder lindern die Symptome bei akuten Schüben. Wird die Therapie nicht konsequent eingehalten, kommt es häufiger zu Komplikationen wie etwa Darmeinengungen, Fisteln oder Abszessen, die zu Schmerzen und zusätzlichen Problemen führen.

Sie haben Interesse an neuen Therapieoptionen?

Erfahren Sie mehr dazu unter „Neue Behandlungen“. Jetzt mehr über neue Behandlungen erfahren

Morbus-Crohn-Patienten können ab sofort an einem Studienprogramm mit einem neuen Wirkstoff teilnehmen. Erfahren Sie mehr zu unserem „YELLOWSTONE-Studienprogramm“. Jetzt mehr über das YELLOWSTONE-Studienprogramm erfahren

URSACHEN

Eine Krankheit - verschiedene Auslöser

MorbusCrohn-Studie_Ziffer_2_Icon_Ratgeber_web-V1

Bisher ist unklar, was genau Morbus Crohn auslöst. Das ist auch der Grund, warum es bisher keine Therapien gibt, mit denen Morbus Crohn heilbar wäre. Mediziner gehen aber davon aus, dass es sich um ein sogenanntes multifaktorielles Krankheitsgeschehen handelt. Das heißt, verschiedene Faktoren begünstigen die Entstehung der chronisch-entzündlichen Erkrankung. Dazu zählen:2

Risikofaktoren

Unsere Darmschleimhaut übernimmt eine wichtige Barriere-Funktion und schützt uns vor gefährlichen Eindringlingen wie schädlichen Bakterien. Bei Patienten mit Morbus Crohn ist diese Schutzfunktion gestört. Bakterien und andere Fremdstoffe können in die Darmwand eindringen und dort die Überreaktion des Immunsystems auslösen. Möglicherweise spielt auch eine veränderte Zusammensetzung der Darmflora bei Patienten mit Morbus Crohn eine Rolle.3

In Industrieländern kommt Morbus Crohn weitaus häufiger vor als in Entwicklungsländern. Das deutet darauf hin, dass Umwelteinflüsse und der Lebensstil eine Rolle bei der Entstehung spielen. Auch bei Rauchern ist das Risiko für Morbus Crohn deutlich erhöht. Ob bestimmte Lebensmittel zur Entstehung von Morbus Crohn beitragen, ist noch nicht vollständig geklärt. Im Verdacht stehen beispielsweise industriell stark verarbeitete Nahrungsmittel. Ebenso kann eine sehr einseitige Ernährung als Mitauslöser infrage kommen. Der Grund: Je weniger abwechslungsreich die Nahrung ist, desto geringer ist die bakterielle Vielfalt im Darm. Und diese ist wichtig für die Darmflora und ein intaktes Immunsystem.
Stress, Angst oder andere psychische Probleme erhöhen das Risiko für Morbus Crohn nicht, können sich aber negativ auf den Verlauf und die Lebensqualität auswirken. Zudem kann Morbus Crohn zu psychischen Störungen wie Depressionen führen.4

Leidet ein enger Verwandter an Morbus Crohn, ist die Wahrscheinlichkeit, selbst zu erkranken, etwas erhöht. Zudem haben Forscher eine Reihe von Genen entdeckt, die bei einigen Patienten mit Morbus Crohn verändert sind. Diese Gene sind z.B. für die Funktion von Immunzellen wichtig, die in der Darmschleimhaut vorkommen.

DIAGNOSE

Von Bluttests bis zur Darmspiegelung

MorbusCrohn-Studie_Ziffer_3_Icon_Ratgeber_web-V1

Da die Beschwerden bei Morbus Crohn vielfältig sind und verschiedene Bereiche betreffen können, ist die Diagnose nicht immer ganz einfach. Es gibt keine einzelne Methode, mit der ein Morbus Crohn diagnostiziert werden kann. Wichtig für die Diagnosestellung ist insbesondere die bisherige Krankengeschichte (Anamnese). Der Gastroenterologe fragt dafür zahlreiche Punkte ab, wie zum Beispiel das Auftreten von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen in der Familie, typische Symptome des Morbus Crohn sowie Anzeichen für Begleiterkrankungen.

Zusätzlich sind eine Reihe von verschiedenen Untersuchungsmethoden für die Diagnose wichtig, wie zum Beispiel:2

Untersuchungsmethoden für die Diagnose

Abtasten des Bauchraums und des Afters

Entzündete Stellen oder Gewebeveränderungen werden mithilfe einer Darm- und/oder Magenspiegelung untersucht. Dabei lässt sich das Befallsmuster im Verdauungstrakt erkennen, zudem können auch Gewebeproben zur genaueren Analyse entnommen werden. Per Ultraschall lassen sich Verdickungen in der Darmwand feststellen, unter Umständen kann auch eine MRT- oder eine CT-Untersuchung notwendig sein.

Erhöhte CRP-Werte (C-Reaktives Protein) deuten auf ein akutes Entzündungsgeschehen hin. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit, also die Zeit, die es dauert, bis sich die roten Blutkörperchen einer Probe abgesetzt haben, sowie die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sind bei Morbus Crohn ebenfalls oft erhöht. Häufig besteht eine Blutarmut (Anämie). Auch ein Mangel an Nährstoffen kann ein Hinweis auf Morbus Crohn sein.

Spezielle Labortests liefern ebenfalls Hinweise darauf, ob eine Darmentzündung vorliegt. Bei Morbus Crohn kann zum Beispiel der sogenannte Calprotectin-Wert im Stuhl erhöht sein, der auf vermehrte Leukozyten im Darm, und somit eine erhöhte Entzündungsaktivität, hinweist.

Nur in der Zusammenschau aus der Anamnese mit den aktuellen Krankheitsbeschwerden sowie den Ergebnissen aus den verschiedenen Untersuchungen kann der Arzt oder die Ärztin eine gesicherte Diagnose stellen.

ERNÄHRUNG

Überschätzte Rolle

MorbusCrohn-Studie_Ziffer_4_Icon_Ratgeber_web-V1

Vorweg: Viele Menschen machen sich die Hoffnung, durch eine spezielle Ernährung entweder einem Morbus Crohn vorbeugen oder die Beschwerden lindern zu können. Doch anders als zum Beispiel bei Unverträglichkeiten gibt es bei Morbus Crohn keine spezielle Diät oder Ernährungsweise, mit der das gelingt.5 Positiv formuliert aber bedeutet das auch: Erlaubt ist, was dem Magen und dem Darm bekommt – und Ihnen Genuss bereitet! Wichtig dabei ist nur, auf eine abwechslungsreiche Ernährung zu achten, um in der Darmflora für eine Vielfalt von gesundheitsfördernden Bakterien zu sorgen.

Gleichwohl kann es aber bei Morbus Crohn dazu kommen, dass der Körper nicht genügend Nährstoffe erhält oder aufnehmen kann. Zum Beispiel, weil Durchfall & Co. den Appetit nehmen, oder aus Angst, dass bestimmte Nahrungsmittel Beschwerden verursachen könnten. Hinzu kommt, dass ein entzündeter Darm Nährstoffe weniger gut aufnehmen oder weiterverarbeiten kann, oder dass sie bei Durchfall durch den Flüssigkeitsverlust ebenfalls verloren gehen.

Bekommt der Körper aber über einen längeren Zeitraum nicht ausreichend Nährstoffe, kann es zu Gewichtsverlust und Energiemangel kommen – Abgeschlagenheit und Müdigkeit sind die Folge.

Die wichtigsten Tipps für eine optimale Ernährung bei Morbus Crohn:

Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und essen Sie möglichst abwechslungsreich: viel Obst und Gemüse sowie Getreideprodukte. Tierische Lebensmittel, Milch- und Milchprodukte sowie Fisch, Fleisch und Eier in Maßen. Alkohol, Süßigkeiten oder Snacks eher als Ausnahme.

Trinken Sie reichlich Flüssigkeit, möglichst Wasser oder ungesüßte Tees.

Nehmen Sie sich Zeit zum Essen und kauen Sie die Nahrung gründlich, so kann der Körper Nährstoffe besser aufnehmen.

Vermeiden Sie Essen, das den Verdauungstrakt belasten kann, zum Beispiel zu heiße oder kalte Nahrung.


Bereiten Sie Lebensmittel möglichst schonen zu: kurzes Garen oder leichtes Anbraten bei eher niedrigen Temperaturen mit wenig Wasser und Fett.


Passen Sie Ihre Ernährung während eines Schubes oder bei Komplikationen an: Sprechen Sie dafür am besten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Bei einem sehr starken Schub kann eine künstliche Ernährung notwendig sein.

Sie haben Interesse an neuen Therapieoptionen?

Erfahren Sie mehr dazu unter „Neue Behandlungen“. Jetzt mehr über neue Behandlungen erfahren

Morbus-Crohn-Patienten können ab sofort an einem Studienprogramm mit einem neuen Wirkstoff teilnehmen. Erfahren Sie mehr zu unserem „YELLOWSTONE-Studienprogramm“. Jetzt mehr über das YELLOWSTONE-Studienprogramm erfahren

BEHANDLUNG

Der Weg zur optimalen Therapie

MorbusCrohn-Studie_Ziffer_5_Icon_Ratgeber_web-V1

Morbus Crohn ist eine sehr individuelle Erkrankung: Sie kann unterschiedlich schwer ausgeprägt sein und verschiedene Symptome hervorrufen. Ebenso individuell ist die Wahl der optimalen Therapie. Diese hängt in erster Linie von der Schwere der Erkrankung, dem Krankheitsverlauf und dem Befallsmuster im Verdauungstrakt ab. Aber auch Ihre persönliche Lebenssituation und Ihre daraus resultierenden Bedürfnisse spielen eine große Rolle. Für die Behandlung des Morbus Crohn stehen Ihnen heutzutage eine ganze Reihe von Therapieoptionen zur Verfügung.

Die gute Nachricht: Gelingt es, eine optimale Behandlung zu finden, lässt sich die Krankheitsaktivität auch langfristig mindern. Ein selbstbestimmtes, weitgehend beschwerdefreies und normales Leben mit einer hohen Lebensqualität ist so möglich.

Dafür sind jedoch einige Voraussetzungen notwendig: Zum einen sollte die Therapie des Morbus Crohn so frühzeitig wie möglich begonnen werden und anhaltend erfolgen. Zum anderen ist auch Ihre aktive Mitarbeit gefordert:

So finden Sie die optimale Therapie

1. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt offen über Ihre aktuelle Lebenssituation und Ihre persönlichen Bedürfnisse, Erwartungen an die Therapie, oder Ängste und Befürchtungen.

2. Es gibt keine Tabus: Scheuen Sie sich nicht, ebenso offen über Ihre Beschwerden und auch psychischen Belastungen zu sprechen – egal wo und wie sie auftreten und wie sie sich anfühlen.

3. Lassen Sie sich ausführlich sowohl über Vor- als auch Nachteile der jeweiligen Therapie aufklären.

4. Egal für welche Therapie Sie sich entscheiden: Nehmen Sie Ihre Medikamente stets gewissenhaft und entsprechend der ärztlichen Verordnung ein.


5. Informieren Sie Ihren Arzt, wenn die Therapie nicht den von Ihnen gewünschten Erfolg bringt.

Gastroenterologen, die auf chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) spezialisiert sind, unterstützen und begleiten Sie auf Ihrem Weg. Auf diese Weise finden Sie gemeinsam mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt die für Sie passende Behandlung.

Ziele der Behandlung

die Ausbreitung der Entzündung aufhalten.

neue Schübe verhindern.

vor einer dauerhaften Schädigung der Darmschleimhaut schützen

Komplikationen, Begleiterkrankungen oder Operationen vermeiden

Behandlungsoptionen im Schnellüberblick

Morbus Crohn begleitet Betroffene ein Leben lang – somit auch die Therapie der Erkrankung. Deshalb ist die Wahl der richtigen Behandlung sehr wichtig. Prinzipiell lässt sie sich in drei Kategorien einteilen:

MorbusCrohn-Studie_Pille_Icon_web-V1

Medikamentöse Behandlung

MorbusCrohn-Studie_Eingriff_Icon_web-V1

Operative Eingriffe

MorbusCrohn-Studie_Regenschirm_Icon_web-V1

Psychologische Unterstützung

Die wichtigsten Medikamentenklassen bei Morbus Crohn:2

Am häufigsten eingesetzt werden die Aminosalizylate. Sie wirken im Darm entzündungshemmend, indem sie die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen drosseln. Sie werden beispielsweise als Tabletten oder Zäpfchen verabreicht und werden bei leichter Krankheitsaktivität, Schüben oder während der beschwerdefreien Zeit eingesetzt, um neue Schübe zu verhindern.

Kortikosteroide haben sehr viele Effekte, unter anderem hemmen sie unspezifisch das Immunsystem. Sie wirken schnell und stark entzündungshemmend und werden deshalb während eines Schubs als Tabletten oder auch Infusion verabreicht. Allerdings eignen sie sich nicht für die Langzeitbehandlung, da Kortisonpräparate bei längerer und vor allem hochdosierter Einnahme ernste Nebenwirkungen hervorrufen.

Dabei handelt es sich um Wirkstoffe, die unspezifisch die Aktivität des Immunsystems dämpfen und so stark entzündungshemmend wirken. Allerdings tritt die Wirkung erst verzögert ein, sodass Immunsuppressiva einige Wochen lang verabreicht werden müssen, bevor Sie einen Effekt spüren. Besonders zu Beginn der Behandlung sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig.

Biologika sind biotechnologisch hergestellte Eiweiße, die gezielt in die bei Morbus Crohn fehlgeleiteten Abwehrreaktionen des Immunsystems eingreifen. Auf diese Weise dämpfen sie auch die Entzündung der Darmschleimhaut. Zum Einsatz kommen Biologika vor allem bei mittelschweren und schweren Krankheitsverläufen. Sie werden als Spritzen oder Infusionen verabreicht. Ein weiterer Aspekt, der beachtet werden sollte: Weil sie eine stark hemmende Wirkung auf das Immunsystem haben, kann das Risiko für Infektionen erhöht sein. Vorbestehende chronische Infektionen wie Hepatitis oder Tuberkulose müssen daher vor der Therapie ausgeschlossen werden.

Jede medikamentöse Behandlungsform hat Vor- und Nachteile. Wichtig ist, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt diese ausführlich besprechen und auf die verschiedenen Aspekte der Therapie eingehen: In welcher Form erfolgt die Medikamenteneinnahme (Tabletten, Zäpfchen/Rektalschaum, Infusionen, Spritzen)? Wie häufig müssen die Medikamente eingenommen werden? Welche Nebenwirkungen oder Begleiterscheinungen können auftreten? Gibt es Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten? Wie gut lässt sich die Behandlung in Ihren Alltag integrieren? Wie häufig sind Kontrolluntersuchungen notwendig? Was können Sie von der Behandlung erwarten – und was nicht?

Haben Sie diese Punkte vorher bedacht und besprochen, wird es Ihnen in der Regel auch leichter fallen, Ihrer Therapie treu zu bleiben – und so langfristig davon zu profitieren.

Operative Eingriffe

Operative Eingriffe können notwendig sein, wenn Morbus Crohn besonders stark ausgeprägt ist und sich mit Medikamenten nicht mehr eindämmen lässt, oder wenn es zu Komplikationen wie etwa Fisteln, Abszessen oder Darmeinengungen (Stenosen) gekommen ist. Selten müssen Notoperationen durchgeführt werden, etwa bei einem Darmverschluss oder einem Darmdurchbruch.

Psychologische Unterstützung

Bei Morbus Crohn leidet nicht nur der Körper, sondern auch die Seele. Denn chronische Erkrankungen und deren Symptome machen den Alltag oft zur Belastungsprobe. Ob Arbeit, Freizeit oder Urlaub: Morbus Crohn kann die Lebensgewohnheiten einschränken. Zudem können Beschwerden wie ständiger Durchfall oder Blähungen Schamgefühle auslösen. Und die Angst vor dem nächsten Schub kommt hinzu.

Jeder Mensch ist anders – und jeder geht anders mit einer solchen Krankheit um. Auf Dauer kann bei manchen Betroffenen die seelische Belastung auch zu psychischen Erkrankungen führen. Dazu zählen insbesondere Depressionen oder Ängste. Mehr als ein Drittel aller Patienten mit Morbus Crohn sind etwa von einer Depression betroffen. Auch das kann sich wiederum negativ auf die Krankheit selbst auswirken – ein Teufelskreis.

Scheuen Sie sich deshalb nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist wichtig, Strategien zu entwickeln, die im Umgang mit der Erkrankung und ihren Einschränkungen helfen können. Psychotherapeuten können Sie dabei unterstützen und so die seelische Belastung mindern.

Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, insbesondere wenn:

Sie das Gefühl von Leere oder Sinnlosigkeit haben.

Sie antriebslos sind und alltägliche Aufgaben wie etwa Einkaufen kaum oder nur schwer bewältigen können.

Sie keine Freude mehr an Dingen haben, die Ihnen sonst Spaß bereiten,

da es sich hier um Anzeichen einer Depression handeln könnte.

NEUE BEHANDLUNGEN

Forscher entwickeln neue Therapieoptionen

MorbusCrohn-Studie_Ziffer_6_Icon_Ratgeber_web-V1

Forscher entwickeln beständig neue Wirkstoffe zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Gemeinsam ist den Wirkstoffen, die sich momentan in der Entwicklung befinden, dass sie über verschiedene Mechanismen gezielt das Immunsystem dämpfen und so die Entzündung bei CED reduzieren. Neben Biologika werden auch neue orale Medikamente mit gezieltem Wirkansatz entwickelt. Ihr Vorteil: Sie können z.B. als Kapsel oder Tablette geschluckt und müssen nicht gespritzt oder als Infusion verabreicht werden. Einer dieser Wirkstoffe ist bereits für die Behandlung der Colitis ulcerosa zugelassen, weitere befinden sich in der klinischen Prüfung.6

YELLOWSTONE-Studienprogramm
Ein neuer Wirkstoff wird jetzt auch bei Morbus Crohn untersucht

In einem weltweiten klinischen Phase-III-Studienprogramm namens YELLOWSTONE wird gerade die Wirksamkeit und Verträglichkeit eines neuen Wirkstoffs untersucht. Der neue Wirkstoff wird als Kapsel eingenommen und verhindert, dass spezielle entzündungsfördernde Abwehrzellen des Immunsystems, vor allem sogenannte T-Zellen, aus den Lymphknoten in die Blutzirkulation gelangen. Die Anzahl der Zellen, die ins Darmgewebe einwandern können, wird so reduziert und die chronische Entzündung im Verdauungstrakt dadurch möglicherweise gemildert.7,8,9

Morbus-Crohn-Patienten können ab sofort am YELLOWSTONE-Studienprogramm mit diesem neuen Wirkstoff teilnehmen

Morbus-Crohn-Patienten können jetzt unter bestimmten Voraussetzungen am YELLOWSTONE-Studienprogramm teilnehmen. Wenn Sie Interesse daran haben, erfahren Sie hier mehr dazu:

Weiterführende Informationen

Qualitätsrichtlinie

Die Erstellung dieses Artikels orientiert sich an der Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformation.10

Autoren

Prof. Dr. med. Stefan Schreiber, Dr. Cinthia Briseño

Medizinischer Review

Dr. med. Sandra Hagen

Qualitätsreview:

Lisa Klein

Datum

17.10.2021

Referenzen

Alle Referenzen wurden im Juni 2020 abgerufen.

Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel enthält generelle Hinweise und Informationen. Er darf keinesfalls zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung verwendet werden und stellt keine Therapieempfehlung dar. Er ersetzt nicht den Arztbesuch. Für individuelle Fragen kontaktieren Sie bitte Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin.

Sie haben Interesse am YELLOWSTONE-Studienprogramm? Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Teilnahme für Sie möglich.

  • Siew C Ng, et al. 2018;390(10114):2769-2778.
  • Gomollón F, et al. J Crohns Colitis. 2017;11(1):3–25.
  • Wlodarska M, et al. Cell Host Microbe. 2015; 17:577–591.
  • Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. Morbus Crohn – Ratgeber für Patientinnen und Patienten. 2014.
  • Limketkai BN, et al. Cochrane Database of Systematic Reviews 2019, Issue 2. Art. No.: CD012839.
  • Sandborn WJ. Gastroenterol Hepatol . 2015 May; 11(5): 338–340.
  • Sandborn WJ, et al. N Engl J Med. 2016; 374:1745-1762
  • Feagan et al., Lancet Gastroenterol Hepatol 2020 Jun 15;S2468-1253(20)30188-6.
  • Danese S, et al. J Crohns Colitis. 2018;12:S678-S686
  • Leitlinie evidenzbasierte Gesundheitsinformation, Version 1.0. 2017